“Verschiedene EU-Mitgliedstaaten spielen unterschiedliche Rollen in einem System, das sich über ganz Europa erstreckt. Ein Land ist das bevorzugte Ziel für Finanztransaktionen. Ein anderes ist die Drehscheibe für den internationalen Handel. Ein drittes liefert den Führungskräften hinter den Spionagefirmen goldene Pässe”, sagte in ‘t Veld und bezog sich dabei auf Luxemburg, Zypern und Malta. [EPA-EFE/JEROEN JUMELET]
Malta steht in der Kritik, nachdem es die Staatsbürgerschaft an Führungskräfte von Spionagefirmen verkauft haben soll. Die Europaabgeordnete Sophie in t‘ Veld kritisierte besonders die Passvergabe an Entwickler in der EU eingesetzter Softwares wie Pegasus.
Malta ist der letzte verbleibende EU-Mitgliedstaat, der wohlhabenden Bürgern:innen aus Drittstaaten die Staatsbürgerschaft im Gegenzug für Investitionen ins Land anbietet, nachdem Bulgarien und Zypern ihre eigenen „Visa-gegen-Geld“-Programme auf Druck der EU-Kommission aufgegeben hatten.
Obwohl die Kommission bereits ein juristisches Verfahren gegen Malta zur Beendigung des Programms eingeleitet hat, zeigt die Regierung keine Anzeichen für ein Einlenken.
Nun hat das System einen weiteren Rückschlag erlitten, diesmal im Zusammenhang mit einem Spionageskandal, der Europa erschüttert hat.
„Verschiedene EU-Mitgliedstaaten spielen unterschiedliche Rollen in einem System, das sich über ganz Europa erstreckt. Ein Land ist das bevorzugte Ziel für Finanztransaktionen. Ein anderes ist die Drehscheibe für den internationalen Handel. Ein drittes liefert den Führungskräften hinter den Spionagefirmen goldene Pässe“, sagte in ‚t Veld und bezog sich dabei auf Luxemburg, Zypern und Malta.
Einer der Empfänger eines maltesischen Passes im Rahmen des „Visa gegen Geld“-Programms war der russisch-israelische Anatoli Hurgin, der sowohl mit der NSO-Gruppe als auch mit der Entwicklung von Pegasus in Verbindung steht. Er erwarb die Staatsbürgerschaft, wurde dann aber in Israel wegen Betrugs, Schmuggels und Geldwäsche sowie in den USA wegen Betrugs von Firmenaktionären in fünf Fällen angeklagt.
Hurgin besitzt ein Unternehmen namens Ability Inc, das mit der NSO Group verbunden ist, die das Programm Pegasus entwickelt hat, mit dem mindestens 180 Journalist:innen, Aktivist:innen und Politiker:innen ausspioniert wurden.
Pegasus wird oder wurde von EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Ungarn eingesetzt, und auch eine Reihe von hochrangigen EU-Politiker:innen soll ins Visier genommen worden sein.
„Es geht nicht um eine Handvoll Regierungen, die ihre Bürger:innen ausspionieren, sondern um ganz Europa. Alle Regierungen nutzen dies, und einige Regierungen missbrauchen es“, sagte in ‚t Veld.
Das Europäische Parlament hat einen Untersuchungsausschuss zum Einsatz von Pegasus und anderen Spionageprogrammen, insbesondere in Ungarn, Polen, Griechenland und Spanien, sowie gegen die Kommission selbst eingesetzt. Die Abgeordneten forderten kürzlich auch Europol auf, den Einsatz der Software in Europa zu untersuchen.
Bereits im Mai 2016 hatte Hurgin damit geprahlt, dass er die Kommunikation jeder Person ausspionieren könne, wenn er deren Telefonnummer und ein paar Millionen Euro hätte.
Zu dem Zeitpunkt, als er einen maltesischen Pass beantragte, wurde bereits wegen verschiedener Straftaten gegen ihn ermittelt, was die von der maltesischen Regierung durchgeführte Sorgfaltsprüfung infrage stellt.
Außerdem stellte sich heraus, dass er sich erst seit weniger als 20 Tagen in Malta aufhielt, weit entfernt von den 180 von 365 Tagen, die nach den Bestimmungen des Investitionsprogramms vorgeschrieben sind.
Malta weigert sich zwar, das Passsystem in den Haushalt aufzunehmen, aber laut dem kürzlich veröffentlichten Haushaltsplan werden die damit erzielten Einnahmen im Jahr 2023 voraussichtlich sinken. Er sieht für 2023 einen Rückgang um 40 Millionen Euro gegenüber 2021 vor.
Die Gründe für den Rückgang der Einnahmen sind unklar, könnten aber damit zusammenhängen, dass der Krieg in der Ukraine zu einem Rückgang der russischen Antragsteller:innen geführt hat, die früher die Hauptabnehmer:innen waren, und dass die maltesische Regierung schließlich dem Druck nachgegeben und die Visa nicht mehr an Russ:innen vergeben hat. Es könnte auch daran liegen, dass die Regelung aufgrund der Ablehnung durch die EU wahrscheinlich auslaufen wird.
Einige Makler, die im Auftrag wohlhabender Käufer:innen Anträge bearbeiten, erklärten gegenüber der Times of Malta, dass eine Erhöhung der Kosten des Programms einige abschrecke, das Interesse so gering sei wie nie zuvor.
Malta nach Pass-Verkauf an Entwickler von Spionagesoftware in der Kritik