Brüssel investiert eine Milliarde Euro in Hochleistungsrechner, nun gibt es erste Resultate. Der schnellste Computer der Welt soll bald in Deutschland stehen. Die EU feiert sich als neue „Supermacht“.
Forschungszentrum Jülich
In Nordrhein-Westfalen soll Ende 2023 der erste Exascale-Rechner Europas stehen.
(Foto: Forschungszentrum Juelich)
Brüssel Die EU holt im Supercomputer-Rennen mit den USA auf: Im italienischen Bologna geht an diesem Donnerstag der viertschnellste Computer der Welt ans Netz. Der Supercomputer namens Leonardo hat eine Rechenleistung von bis zu 250 Petaflops. Das entspricht 250 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde.
Im Juni war bereits der drittschnellste Rechner der Welt im finnischen Kajaani gestartet. Der LUMI hat 309 Petaflops. Im kommenden Frühjahr könnte der Supercomputer Marenostrum 5 im spanischen Barcelona folgen, der in der Rangliste voraussichtlich Platz fünf oder sechs einnehmen wird. „Wir sind jetzt eine Computer-Supermacht“, sagt ein hochrangiger EU-Beamter.
Deutschlands schnellster Rechner, der Juwels im Forschungszentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen, liegt bisher weltweit auf Platz zwölf. Ende 2023 soll hier der erste Exascale-Rechner Europas in Betrieb gehen. Der Supercomputer der nächsten Generation, Projektname Jupiter, würde mehr als tausend Petaflops leisten – und könnte auf Platz eins vorrücken. Den Spitzenplatz hält derzeit der Exascale-Rechner Frontier im US-Bundesstaat Kalifornien, gefolgt vom japanischen Supercomputer Fugaku. Jupiter werde wahrscheinlich noch schneller sein als Frontier, sagt der EU-Beamte.
Eine Milliarde Euro für Supercomputer
Die Strategie der Europäer scheint aufzugehen: 2018 hatten die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten die Initiative European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHP JU) ins Leben gerufen. Mit einer Milliarde Euro an Fördermitteln, jeweils zur Hälfte aus dem EU-Haushalt und den nationalen Budgets, sollte Europa in die Top Ten der Supercomputer vorstoßen.
Die Rechenleistung von Jupiter, Leonardo und Co. wird europäischen Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt, die sie beispielsweise bei komplizierten Langzeitberechnungen des Weltklimas oder in der Medizinforschung nutzen können. So kamen Supercomputer bei der Entwicklung der Coronaimpfstoffe zum Einsatz. Auch für Künstliche Intelligenz sind sie unverzichtbar.
Der Zugang zu den Rechnern wird nach bestimmten Prioritäten vergeben. Die Hälfte der Kapazität ist für europäische Projekte reserviert, der Rest wird national verteilt. Die Nachfrage nach Rechenleistung sei in Europa deutlich höher als das Angebot, sagte der EU-Beamte. Ab 2024 stünden europaweit immerhin 3000 Petaflops zur Verfügung.
Die Hardware der europäischen Superrechner stammt entweder vom US-Hersteller Hewlett-Packard Enterprise oder der französischen Firma Atos. Parallel läuft schon der nächste Technologiesprung: Im Oktober kündigte die EU-Kommission an, dass in der zweiten Jahreshälfte 2023 an sechs Standorten Quantencomputer in Betrieb gehen.
Diese würden in das Supercomputer-Netz integriert werden und die Rechenleistung erhöhen. Hardware und Software stammen hierbei ausschließlich aus der EU. Auch in dieser Gruppe ist Jülich vertreten.
https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/forschung-250-billiarden-rechenoperationen-pro-sekunde-eu-supercomputer-leonardo-geht-ans-netz/28822962.html