Die NATO und ihr Generalsekretär Jens Stoltenberg haben am Donnerstag (9. September) den iranischen Cyberangriff auf Albanien verurteilt, dem zufolge das Land am Mittwoch seine Beziehungen zu Teheran abgebrochen und alle iranischen Diplomat:innen ausgewiesen hatte.
Der Cyberangriff, der von internationalen Expert:innen als äußerst fachmännisch eingeschätzt wird, hatte am 15. Juli alle albanischen Regierungsseiten und Online-Portale lahmgelegt.
Albaniens Premierminister Edi Rama kündigte am Mittwoch an, dass alle iranischen Diplomat:innen bis Donnerstagnachmittag ausreisen müssten, und beendete damit die sich stetig verschlechternden Beziehungen zwischen den beiden Ländern.
In einem Beitrag auf Twitter erklärte Stoltenberg, dass die NATO sich verpflichtet habe, die Sicherheit weiter zu erhöhen, um die Cyber-Bedrohung einzudämmen.
„Ich verurteile den jüngsten Cyberangriff auf Albanien, den Tirana und andere Verbündete dem Iran zuschreiben, aufs Schärfste. Die Expert:innen der NATO und ihrer Verbündeten leisten Unterstützung. Die NATO ist entschlossen, die Sicherheit zur Abschreckung und Verteidigung gegen Cyber-Bedrohungen weiter zu erhöhen“, sagte Stoltenberg.
Zudem veröffentlichte die NATO eine ausführliche Erklärung, in der sie Stoltenbergs Worte aufgriff und hinzufügte: „Wir werden auch in Zukunft unsere Wachsamkeit gegenüber bösartigen Cyber-Aktivitäten erhöhen und uns gegenseitig bei der Abschreckung, Verteidigung und Bekämpfung des gesamten Spektrums von Cyber-Bedrohungen unterstützen, indem wir auch mögliche kollektive Reaktionen in Betracht ziehen.“
Iran weist Vorwürfe zurück
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels befindet sich das diplomatische Personal am internationalen Flughafen von Tirana und wartet auf seinen Abflug.
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Ka’nani, wies die Anschuldigungen zurück und bezeichnete sie als haltlos.
„Als eines der Länder, die Cyberangriffe auf ihre kritische Infrastruktur erlebt haben, lehnt die Islamische Republik Iran jegliche Nutzung des Cyberspace als Mittel zum Angriff auf die Infrastruktur anderer Länder ab und verurteilt sie“, sagte der Sprecher.
In Anspielung auf die USA und Israel fügte er hinzu, dass Albanien von Drittparteien, die den Terrorismus unterstützen, beeinflusst worden sei.
Albanien ist die Heimat der MEK-Gruppe (People’s Mojahedin Organisation of Iran), die 1965 gegründet wurde, um sich dem von den USA unterstützten Schah Mohammad Reza Pahlavi entgegenzustellen. Seit den 1970er Jahren führte sie bewaffnete Kämpfe gegen den iranischen Staat, bis sie ein Bündnis mit dem Irak einging und sich während des irakisch-iranischen Krieges auf dessen Seite stellte.
Die MEK wurde in der Vergangenheit von der EU, Kanada, den USA und Japan als terroristische Organisation eingestuft, was jedoch inzwischen aufgehoben wurde. Im Jahr 2004 wurde ihr von der US-Regierung Schutz im Rahmen der Genfer Konvention zugesichert.
Ziel der Gruppe ist es, die iranische Regierung zu stürzen. Berichten zufolge leben etwa 1.000 Mitglieder in einem geschlossenen, schwer bewachten Lager 40 Kilometer außerhalb von Tirana.
EU-Politiker:innen haben dem MEK-Lager in Albanien Unterstützung angeboten.
Im Jahr 2018 wies die albanische Regierung zwei iranische Diplomaten, darunter den Botschafter, wegen „Schädigung der nationalen Sicherheit“ und angeblicher Beteiligung an der Planung eines Angriffs auf ein Fußballspiel zwischen Israel und Albanien aus.
Oppositionsmitglieder kritisierten die albanische Regierung dafür, dass sie angesichts der steigenden Bedrohungen durch Cyberkriminalität nicht besser vorbereitet sei. Sie sagten jedoch auch, dass das Land kein Ziel wäre, würde es nicht die MEK beherbergen.